Der Freiburger Weltfriedens-Stupa

„Ein Stupa soll an Wegkreuzungen errichtet werden, auf dass jeder, der dort Blumen, Räucherwerk oder Lichter darbringt oder in Worten und Gedanken seiner Freude Ausdruck gibt, immerzu Segen und Glück erfahren möge.“

– Mahaparinirvana Sutra –

Nach Buddha Shakyamunis Tod wurden gemäß seiner Anweisung an seinen Schüler Ananda acht Stupas für seine Reliquien errichtet. Die Orte, wo diese Stupas standen bzw. teilweise heute noch stehen, gelten weltweit als die acht wichtigsten buddhistischen Pilgerstätten. Der berühmteste Stupa ist der Mahabodhi-Stupa in Bodhgaya, wo der Buddha die Erleuchtung erlangte.

Die Symbolik eines Stupa

Zwar gibt es acht verschiedene Arten von Stupas, aber die Symbolik folgt bei allen den gleichen Regeln. Der Stupa ahmt in seiner Form den Buddha in Meditationshaltung nach. Dabei besitzen jeder Abschnitt und jedes Ornament eines Stupa weitere vielfältige und tiefgründige Bedeutungsebenen, die sich zum Teil überlagern und wie in einem Hologramm je nach Perspektive unterschiedliche Aspekte offenbaren. So symbolisieren die einzelnen Abschnitte des Stupa einerseits die fünf Elemente (Erde, Wasser, Feuer, Wind, Raum) oder auch die „37 für die Erleuchtung förderlichen Eigenschaften“. Der gesamte buddhistische Pfad zur Erleuchtung von den anfänglichen ethischen Grundlagen bis hin zu den subtilen „Körpern“ eines Buddha ist sinnbildlich aus verschiedenen Blickwinkeln in den Elementen des Stupa enthalten.

Die absolute Größe eines Stupa ist nicht festgelegt, jedoch sind die Proportionen genauestens vorgegeben. Der Innenraum eines Stupa ist nach ebenso festgelegten Vorgaben gestaltet, wie das Äußere. Er ist zudem mit verschiedensten Materialien und Reliquien gefüllt. So enthält z.B. der untere Abschnitt (Thron) verschiedene weltliche Schätze und Reichtümer, wie etwa Edelmetalle, Heilkräuter, Getreide, aber auch hinderliche Gegenstände wie fünf Arten von Waffen. Dies symbolisiert unsere Ausgangsposition als Basis der buddhistischen Dharmapraxis. In den weiteren Abschnitten des Stupa finden sich zudem Reliquien, Statuen, Tsa-Tsas (kleine Buddhastatuen aus Gips), Thangkas, Bücher und heilige Texte sowie etliche tausend geschriebene Mantras. Im Zentrum des Stupa befindet sich ein zentraler Lebensbaum (eine Zypressenart), der von der mittleren Basis bis zur Spitze reicht. Er symbolisiert den Zentralkanal gemäß dem Abbild des menschlichen Energiekörpers nach der tantrischen Überlieferung des tibetischen Buddhismus.

Die gesamte Symbolik eines Stupa umfassend zu erklären würde ein ganzes Buch füllen. Jede Stufe und jedes Ornament besitzt eine exakt formulierte symbolische Deutung. Beispielsweise symbolisiert die Spitze des Stupa mit ihren 13 übereinander angeordneten Ringen den gesamten buddhistischen Pfad: die Basis ist der „achtfache edle Pfad“, der die ethische Grundlage für den „Pfad der Ansammlung“ bildet (erster Ring). Auf diesen folgt der „Pfad der Vorbereitung“ (zweiter Ring) und danach, beginnend mit dem „Pfad des Sehens“, die „zehn Bodhisattva-Ebenen“ (3. – 12. Ring). Der 13. Ring schließlich symbolisiert den „Pfad des Nicht-mehr-lernens“, die Buddhaschaft des Mahayanapfades, gekrönt von Sonne und Mond, der sinnbildlichen Vereinigung von Methode und Weisheit, und einem Siegesjuwel, das die Kostbarkeit der höchsten Verwirklichung zum Wohle aller fühlenden Wesen darstellt.

Bedeutung und Nutzen

Der besondere Nutzen eines Stupa besteht in erster Linie darin, dass er als Symbol für den erleuchteten Geist eines Buddha die Kraft hat, in demjenigen, der ihn betrachtet oder umrundet, positive Anlagen für den eigenen Weg zur Befreiung aus dem von Unwissenheit und Leidenschaften geprägten Daseinskreislauf (Samsara) zu aktivieren. So ist es eine verbreitete buddhistische Praxis, einen Stupa im Uhrzeigersinn zu umrunden (Kora), Gaben wie Blumen, Lichter oder Räucherwerk darzubringen und sich vor dem Geist des Buddha zu verneigen. Dies ist nicht als naive Verehrung eines Gegenstandes oder „Götzenbildes“ zu verstehen, sondern als symbolische Handlung – im letzlichen Sinne ist der erleuchtete Geist des Buddha der eigene Geist und gemäß dem buddhistischen Verständnis hat jedes Lebewesen das Potenzial, diesen schrittweise von allen Hindernissen zu reinigen und so „Nirvana“, die Freiheit von Leidenschaften, zu erreichen. Die tiefgründige Symbolik des Stupa ist dabei als eine Art Landkarte zu verstehen, welche Dinge aufzugeben und welche anzustreben sind, um zu diesem Ziel zu gelangen.

Der Bau des Freiburger Stupa

Unter der Leitung von Lama Tendar aus Rewalsar, Nordindien, wurde mit Hilfe von zahlreichen freiwilligen Helfern über ein Jahr lang am Friedensstupa im Garten des Tibet Kailash Hauses gebaut. Weitere Freiwillige fertigten hunderte von Tsa-Tsas für die Füllung oder arbeiteten an der Gartengestaltung – da der Hang mit vielen Tonnen Stein und Geröll aufgeschüttet wurde, war eine komplette Neuanlage des Gartens notwendig.

Richtfest am 3. Juni 2007. Noch knapp acht Wochen um die Stukkarbeiten zu erledigen, die Spitze aufzusetzen, die Malerarbeiten auszuführen, den Garten fertig anzulegen, den Platz um den Stupa zu pflastern, und noch viele weitere Kleinigkeiten. Daneben laufen die Vorbereitungen für den Besuch des Dalai Lama auf Hochtouren.

Den inneren Stupa entwickeln

Am 28. Juli 2007 wurde der Freiburger Weltfriedens-Stupa von Seiner Heiligkeit dem 14. Dalai Lama im Rahmen einer Segnungszeremonie eingeweiht. Seine Heiligkeit betonte dabei, dass der eigentliche Zweck eines Stupa nicht in seiner äußeren Erscheinung liegt, sondern in der Inspiration, die er demjenigen bieten kann, der Vertrauen in den Dharma gefasst hat. Das Ziel ist die Entwicklung eines „inneren Stupa“ im eigenen Geist – und diesen inneren Stupa sollte man stets dabei haben.

Möge der Freiburger Stupa ein Symbol für den Frieden und die Verständigung der Völker untereinander sein und mögen die Menschen ihren „inneren Stupa“ erwecken und durch die innere Abrüstung und Überwindung von Negativität den äußeren Frieden bewirken.